Beachtrainingslager 2025

Die Übernahme der Insel Usedom begann am Mittwoch, den 28. Mai. Ein paar waghalsige Pioniere machten sich auf den Weg in den hohen Norden, verscheuchten die Touristen vom Strand, überfielen einen Zeltplatz und besetzten drei einfache Holzhütten. Das Lager wurde aufgeschlagen und alles vorbereitet für die Ankunft der Airpussies.
Sie kamen mit dem Regionalexpress, gut getarnt inmitten Abertausender urlaubswütiger Berliner, sie kamen mit dem Auto, im Slalom zwischen angetrunkenen Männern mit Bollerwagen und Trabi-Kolonnen. Die Einheimischen und die Ortskundigen fürchteten sich bereits vor den berüchtigten Airpussies, die Jahr für Jahr mit ihren Wurfgeschossen den Strand unsicher machten, und suchten schnell das Weite, als am Donnerstagmorgen ein paar verruchte Gestalten am Strand auftauchten und mit gigantischen Rechtecken ihr Revier absteckten. Nur Eingeweihte verstanden den tieferen Sinn hinter den mysteriösen Ritualen: das geheimnisvolle Spiel Ultimate Frisbee.
Kaum war über dem Ostseedörfchen Stubbenfelde die Sonne aufgegangen, standen wir am malerischen Sandstrand Usedoms vor der ersten Herausforderung. Unser Trainer Ralf, der planende Kopf des Teams, hatte uns alleine in den Norden geschickt und war in Berlin zurückgeblieben. Ohne ihn waren wir aufgeschmissen, darum schickte er uns seinen ausgeklügelten Trainingsplan mit berittenen Boten hinterher. Unsere klügsten Köpfe konnten die Verschlüsselung knacken und die geheime Botschaft entziffern. Und dort stand geschrieben: Übet das Marken. Wir übten das Marken im Dreieck, wir übten, beim Marken die Break-Würfe zu verhindern, und als wir die Arme nicht mehr oben halten konnten, übten wir das Marken ohne Arme. Dann spielten wir so lange, bis wir nicht mehr konnten.
Nur eingeweihte verstehen den tieferen Sinn hinter dieser Übung.
Nach dem ersten Trainingstag trafen sich die Airpussies in den Holzhütten, um gemeinsam zu kochen. In gigantischen Töpfen wurden Berge von Nudeln gegart, in noch gigantischeren Töpfen brodelten Unmengen an Tomatensoße, doch wir hatten einen Bärenhunger und ließen nichts übrig. Nach dem Essen bildeten sich Grüppchen in den verschiedenen Häusern, es wurde gespielt oder gemeinsam ferngesehen, denn das Beachtrainingslager ist für die Airpussies längst das Teamevent schlechthin. Wer Kinder hatte, brachte sie mit, und auch wer verletzt war und nicht mittrainieren konnte, kam an die Ostsee um zu helfen, zu quatschen und Spiele zu spielen.
Zum Abendessen gab es Nudeln.
So neigte sich der erste Tag dem Ende entgegen, ein langer, anstrengender Tag, nach dem sich alle auf ihr Bett freuten. In den Holzhütten stapelten sich die Airpussies bis unters Dach, und wer dort keinen Platz mehr fand, machte es sich im Zelt bequem. Die Nacht brach herein über Stubbenfelde, und auch das Heulen der Wölfe konnte uns nicht vom Schlafen abhalten.
Im frühen Licht der Freitagssonne sahen wir uns mit der nächsten Herausforderung konfrontiert. Die Begrenzungslinien unseres Spielfelds waren verschlungen und verknotet zu einem riesigen Klumpen. Ein paar ahnungslose Airpussies zogen das falsche Ende durch die falsche Lasche, und schon war der Knoten nicht mehr zu lösen. Als wir schon zur Schere greifen wollten, tauchte schließlich der Knotenmeister auf und half uns aus der Patsche. Das Feld wurde aufgebaut und das Training konnte beginnen.
So manche Scheibe musste aus dem Meer gefischt werden.
Gemäß Ralfs geheimer Botschaft übten wir Angebote aus dem Aufbau. Wir trainierten Überläufer und Dump-Angebote und lernten schließlich eine neue Form des Aufbaus, bei der der zweite Aufbauspieler schräg hinter dem Werfer steht. Nach der Mittagspause und einem langen Spiel kehrten wir erschöpft in unsere Hütten zurück.
Beim Abendessen sprach sich allmählich herum, dass einigen Kindern im Laufe des Tages übel geworden war. Zunächst aßen wir unbesorgt weiter, wir bemerkten gar nicht, wie sich da etwas unaufhaltsam ausbreitete und einen nach dem anderen befiel. Nach dem Essen fühlten sich schließlich auch die ersten Erwachsenen nicht wohl. Erste Theorien über einen Virus machten die Runde, andere glaubten an eine Lebensmittelvergiftung. Was auch immer uns da heimsuchte, legte über Nacht das halbe Team lahm.
Deutlich dezimiert bestritten wir am Samstag den letzten Trainingstag. Wer noch bei Kräften war, übte koordinierte Angebote aus dem Stack. Nach der Mittagspause fanden sich trotz allem genug Spielerinnen und Spieler, um drei Teams zu bilden. Aus dem kleinen Turnier ging das Team „Sexy Six“ als Sieger hervor.
Wer noch oder wieder bei Kräften war, konnte sich zum Abendessen Wraps schmecken lassen und anschließend das Championsleage-Finale live und kommentiert von eingefleischten Inter-Fans verfolgen. Wer von Fußball nichts hören wollte, konnte sich auf der Terrasse von Hobby-Astrologen die Zukunft vorhersagen lassen.
Bis spät in die Nacht hinein wurde auf der Terrasse gespielt.
Am Sonntag ging es für die meisten zurück nach Berlin. Einige blieben bis Montag, um dem Rückreiseverkehr zu entgehen, andere nutzten ihre Übelkeit, um sich im Regio Platz zu verschaffen. Zuhause angekommen reservierten wir gleich die Holzhütten für das nächste Jahr, denn trotz Stau und Magen-Darm will sich niemand das Beachtrainingslager der Airpussies entgehen lassen.